Therapiehund Hannibal

Bereits seit mehreren Jahren wird in der Unikinderklinik der Therapiehund »Hannibal« eingesetzt. Begleitet wird dieses durch eine Studie zum Nutzen aber auch etwaiger Risiken. Das Projekt wird geleitet von Professor Dr. Michael Schündeln. Bisher bereitet der Hund den Kindern sehr viel Freude und unterstützt ihre Therapie, ohne dass es irgendwelche Komplikationen oder Probleme gegeben hätte.

So half Hund Hannibal der krebskranken Romy

Therapiehund Hannibal hat der kleinen Romy sehr geholfen, denn Romy hatte Leukämie. Nun ermöglichte Hannibals Besitzerin Katja Steff ein Wiedersehen von Hund und Kind. Mit dabei: Prof. Dr. med. Michael Schündeln, Kinderonkologe im Universitätsklinikum Essen.

Als Romy (9) vor drei Jahren in der Uniklinik Essen behandelt wurde, half ihr Hund Hannibal bei der Krebstherapie.

Aus Amerika brachte Prof. Schündeln 2007 einen neuen Ansatz zur begleitenden Krebstherapie mit.
Speziell ausgebildete Hunde können neben der konventionellen Behandlung dazu beitragen, dass Menschen die schwere Krankheit besiegen.


Die neunjährige Romy hat das erlebt – und Hannibal nun wieder getroffen.

In der Uniklinik Essen haben sich Romy und Hannibal kennengelernt, als die damals sechsjährige Essenerin eine Krebstherapie bekam. Heute besucht sie die dritte Klasse und ist ein fröhliches und gesundes Mädchen. An Schmerzen und schlimme Stunden kann sie sich zum Glück kaum erinnern. Doch eines wird Romy wohl nie vergessen: die schönen Begegnungen mit Therapiehund Hannibal. So freute sie sich riesig über das Wiedersehen mit dem Vierbeiner in den Weihnachtsferien.

Wegen Corona trifft Romy den Therapiehund an der frischen Luft und nicht im Krankenhaus. Seine Besitzer bringen ihn zum Phänomenia-Erfahrungsfeld am ehemaligen Schacht 3/7/10 auf Zollverein. Das Mitmach-Kindermuseum ist der Arbeitsplatz von Romys Mutter.

Hundehalter wissen es: Die lieben Vierbeiner sind in schweren Stunden beste Trostspender. Dies machen sich seit einigen Jahren Pflegeeinrichtungen und Kliniken zunutze. Im September 2017 durfte Hannibal – der Hund von Schündelns Kinderarztkollegin Dr. Katja Steff aus Hünxe – zum ersten Mal auf die Station K III des Essener Universitätsklinikums. 17 Betten gibt es dort. »Soweit ich weiß, ist Hannibal der erste und einzige Therapiehund auf einer kinderonkologischen Station«, erzählt Prof. Schündeln. Bis zum ersten Corona-Lockdown durfte der schwarze Labradorrüde die jungen Krebspatienten ein- bis zweimal pro Woche für ein paar Stunden besuchen und emotionale Unterstützung leisten. Nun ist er seit Monaten ohne diesen Job.

Glückliche Momente mit dem tierischen Helfer hat auch Romy erlebt. Zwischen den Hoch-Chemo-Blöcken freute sich die heute Neunjährige aus Altenessen über Hannibals Visiten. Was der Labrador der jungen Patientin schenkte, kann in keinem Labor der Welt produziert werden: bedingungslose Zuneigung. »Die Begegnung mit Hannibal scheint vielen Kindern Mut zu machen«, sagt Schündeln. Der 48-jährige Kinderonkologe erforscht die Auswirkungen der Hundetherapie auf junge Krebspatienten. Er ist einer von rund 200 Spezialisten, die sich in Deutschland damit beschäftigen.

Da das Krankenhaus für die Gesundheit der Kinder Sorge trage, werde das Tierprojekt mit einer Pilotstudie begleitet. Unter anderem beobachte man die Kinder nach den Kontakten langfristig. »Hierbei leisten die Krankenhaushygiene und die Mikrobiologie des Uniklinikums eine Riesenunterstützung«, erläutert Schündeln. Der Mediziner ist sich sicher: Hannibal, ausgebildeter Rettungshund zur Suche nach Erdbebenopfern, hat nicht nur eine exzellente Nase. Er spüre die Bedürfnisse kranker und schwerkranker Kinder und gehe sensibel darauf ein.

Wer Romy auf Zollverein beim Spielen mit dem »Hunde-Opa« beobachtet, staunt über den Spaß, den sie miteinander haben. Auf dem Stationsflur spielte das Mädchen mit dem inzwischen Zehnjährigen meist das Hütchenspiel: »Ich habe ihm Möhrenstücke versteckt und er hat sie gefunden.«
Auf Zollverein sucht Hannibal den Futterbeutel. Romy lässt ihn absitzen. Selbstbewusst gibt sie dazu das Kommando. Brav wartet der Rüde bis sie ihn ruft. Dann geht die Suche los. Konzentriert schnüffelt der Hund an einer Backsteinmauer. Dann zeigt er den Fund an. Die Beute hat Romy unter dem Auto ihrer Mutter verschwinden lassen. Sie lobt das Tier und streichelt über sein Fell, Hannibal genießt es sichtlich.

»Durch die Cortinsonbehandlung war Romy eine Zeitlang depressiv«, erinnert sich Ronja. Eine bekannte Nebenwirkung, die schon die jüngsten Patienten betreffe, erklärt der Arzt. »Hannibal hat meiner Tochter Mut und Zuversicht gegeben«, weiß ihre Mutter noch gut. Einmal habe der Therapiehund einfach nur an Romys Bett gelegen. »Da ging es Romy sehr schlecht, was das Tier gemerkt hat.« Als sie wieder mehr bei Kräften war, konnte Romy mit dem Rüden Zergel-Spiele machen. Wie viele Hunde liebt auch Hannibal das Zerren an Hundespielzeug. »Der Spaß darf bei der Therapie nicht fehlen – auf beiden Seiten«, findet Prof. Michael Schündeln.

Dass das Hundeprojekt im täglichen Betrieb der Kinderklinik bis vor Corona einen festen Platz hatte, sei der großen Hilfe aller Mitarbeiter zu verdanken. Und nicht zuletzt den Förderern der Stiftung Universitätsmedizin, die das Projekt durch Spenden finanzieren. »Vor kurzem erhielten wir eine Großspende, für die wir sehr dankbar sind.« Bevor es grünes Licht für das Projekt gab, wurde sorgfältig geprüft und überlegt, was zu tun ist, damit der Vierbeiner die kranken Kinder nicht zusätzlich gefährdet. Stuhl- und Schnauzen-Proben gehörten für Hannibal zum Krankenhausalltag. »Die Hygiene hat erste Priorität«, so der Studienleiter.

Ob und wie Hannibal als Therapeut auf vier Pfoten zur Genesung der Krebspatienten beiträgt, ist noch nicht ausreichend untersucht. Doch Prof. Schündeln ist optimistisch. Zu messen seien die Ergebnisse nur schwer. »Wir können die akuten Effekte ganz gut mit kurzen Fragebögen und Smiley-Tabellen zum aktuellen Befinden zeigen. Bei einzelnen Kindern messen wir auch das »Glückshormon« Oxytocin vor und nach dem Hundebesuch.«

Dann erinnert er an eine andere Patientin: ein Mädchen, dass sich zunächst vor dem schwarzen Hund gefürchtet hatte. Doch das Personal konnte sie überzeugen, den Hund kennenzulernen. »Sie war wie ausgewechselt. Als ich zur Visite ins Zimmer kam, hatte sie an die 100 Hundebilder gemalt.« Auch eine krebskranke Jugendliche fasste Vertrauen zu Hannibal. »An sie kam niemand mehr heran«, erinnert sich Schündeln. Was kein Zweibeiner im Kittel vermochte, schaffte das Therapie-Tier.

Wenn nicht gerade Corona ist, bringe Hannibal die Menschen zusammen. Prof. Schündeln spricht gar von einer »positiven Wirkung auf die Dynamik des gesamten Teams«.

Therapiehunde kommen bei tiergestützten medizinischen Behandlungen zum Einsatz, oft bei motorischen Störungen, psychischen Problemen oder zur Sprachförderung. In der Krebstherapie ist ihre Hilfe in Deutschland noch selten. Die Hunde sind speziell ausgebildet. Die meisten werden schon als Welpen ausgewählt und intensiv sozialisiert. Rasse und Größe spielen bei der Auswahl keine Rolle.

Prof. Dr. med.
Michael Schündeln, M.Sc.

Oberarzt hämatologisch-onkologische Ambulanz und Station K3